top of page
Suche

Tag 6- es geht los

  • Autorenbild: jensmehnert
    jensmehnert
  • 1. Juli 2024
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 1. Juli 2024

Es ist 00:50- ich kann nicht schlafen. Ich werde heute den Beitrag wohl immer mal fortlaufend schreiben und ergänzen und es wird ein langer Beitrag.


Ich dachte mir, was mache ich, sinnlos rumsurfen, Instagram ? Verpasste EM Spiele nachschauen, Netflix ?! Hab auf alles keine Lust- Blog schreiben - da hab ich Lust drauf. Ich merke sofort, dass es mir gut tut- einfach drauf los schreiben.

Komisch wie das wirkt und es mir echt besser geht - bin gerade aber etwas ratlos weil ich es nicht in Worte fassen kann wie es mir geht und was das Schreiben mit mir macht. Für einen Blog echt kontraproduktiv.


Der Hubschrauber hier am Klinikum ist eben gelandet und startet gerade wieder.

Wir sind vom Landeplatz vielleicht 100-150 Meter entfernt - entsprechend laut ist es.


Was aber dem kleinen süßen Fratz gar nichts ausmacht- er liegt friedlich und eingekuschelt neben mir und träumt hoffentlich von etwas schönem und seiner tollen Zukunft. Vielleicht aber einfach auch nur von der Pawpatrol, einem Trecker oder einem Eis- egal, Hauptsache er schläft gut.

Er sieht so süß aus- ich könnte ihn wirklich die ganze Nacht lang nur anschauen und über den Kopf und Arm streicheln- werde ich wahrscheinlich auch machen.


Mika ist nachher gleich um 9 Uhr dran- zum Glück- zum einen müssen wir nicht so lange warten und zum anderen muss er nicht so lange nüchtern bleiben. Ich bin gespannt ob alles klappt, wie der Broviac Katheter aussieht und wie Mika darauf reagiert schon wieder eine OP und eine neue Tankstelle am Körper zu haben.


Vorhin auf dem Flur war ein kleiner Junge, keine Haare, Maske, auf einem Kindertrike und fuhr über den Flur- der Papa mit dem Perfusorständer immer hinterher. Als ich aus dem Zimmer kam und den Kleinen sah, war ich kurz erschrocken - wie wir das alle unbewusst erstmal sind wenn man kranke, gerade Krebskranke Kinder sieht.

Ich dachte: „der Arme“ und im nächsten Moment wurde mir bewusst: in ein paar Tagen/ Wochen sind Mika und ich das. Und Menschen werden unbewusst, erschrocken und mitleidig schauen wenn sie ihn sehen.


Ich denke aber wir Erwachsnen haben das Problem- Mika wird es egal sein, dass er keine Haare hat. Wenn man so will, hat er Glück, dass er so klein ist, er braucht keine Perücke und macht sich über sein Aussehen keinen Gedanken.


Überhaupt ist es, wenn er schon Leukämie haben muss- jetzt „ein guter Zeitpunkt“. Er verpasst noch nichts in der Schule und muss vielleicht wiederholen, er wird sich später nicht mehr an Details erinnern, sondern vielleicht nur daran, dass er krank war. Seine Heilungschancen stehen wesentlich besser - „eigentlich alles Vorteile“.

Oder wieviel wisst ihr noch von damals? Also ich weiss nicht mehr viel was mit 4 Jahren war.


Gerade Emotionen, Gefühle und Ängste wird er hoffentlich später nicht mehr aus dieser Zeit wissen/haben.

Die ständige Angst, dass der Krebs wieder kommen könnte- wird er hoffentlich dann später nicht mehr haben, weil er den Krebs mit seinen 4 Jahren nicht so bewusst wahrnimmt wie ein Erwachsener.


Wir sind ready- jetzt heißt es warten bis Mika abgeholt wird.

 

Damit sie auch die richtige Seite nehmen 🥴😉


 

So - er ist im OP- auf dem Weg dort hin- alles chic- wir haben uns das Haus angesehen und es lugten nur seine Augen unter der Decke hervor. Die Verabschiedung vor der OP Tür war die Hölle.

Seine Hand los zu lassen- sein ängstlicher Blick- grausamer geht es nicht.

Um die Ecke und erstmal 😭. Nach 3,4 mal durch atmen geht’s wieder. Ich hab seit heute Morgen aber die ganze Zeit so eine Art Gänsehaut- es kribbelt am ganzen Körper.


Jetzt heißt es wieder warten um nachher mit ihm zu kuscheln und wieder in meine Arme zu schließen.


Ich warte noch auf ihn:

Ein Tiger im Käfig ist ein scheiß gegen mich- heute schaffe ich die 10.000 Schritte und das auf 20 qm


Erstmal alles gut gegangen- mehr heute Abend


 

Der Tag heute hat mich echt an meine Grenzen gebracht und ich weiß gar nicht, ob dies vielleicht in Zukunft ein „normaler“ Tag ist und es noch schlimmere gibt oder man sich irgendwie daran gewöhnt und abstumpft. Auf alle Fälle war es ein Vorgeschmack auf das, was uns die nächsten 6 Monate erstmal erwartet.


Ich kann es nur wiederholen, das Schreiben hier hilft mir so total und ich gebe zu ich habe dem Blog aus Eigennutz gestartet- um mir zu helfen. Mittlerweile entsteht nach so wenigen Tagen etwas was ich nie für möglich gehalten hätte- ich hab das Gefühl anderen Kraft zu geben und schöpfe daraus selber wieder Kraft. Außerdem ist auch eingetreten was ich erhofft hatte, die Weisheit der Vielen- uns wurden jetzt schon ein paar Hilfestellungen gegeben, die wir so nicht gehabt hätte. Die Anteilnahme und Unterstützung ist so wahnsinnig groß, das es mich glücklich stimmt- einfach ein tolles Gefühl.


Mika hat das heute toll gemacht, er kam aus dem OP und im Aufwachraum durften wir dann wieder zu ihm. Er hat dann so süßes wirres Zeug erzählt, dass wir super und wirklich ausgelassen mit ihm gelacht haben, das waren tolle Momente und löste unsere Anspannung total.

Das änderte sich etwas als er immer wacher wurde. Kurzzeitig wurde er grumpy cat- was aber völlig o.k. war.

Er hat nun den Katheter in der Brust über den alles sowohl rein als auch raus aus seinem Körper geht. Zumindest was das medizinische angeht. Dachte ich - einiges muss er auch weiter oral nehmen- was aber immer besser wird. Eigentlich wollten sie heute auch noch weiteres Knochmark entnehmen um es weiter zu untersuchen, aber leider war da nichts mehr. Ich versteh das immer alles noch nicht und will auch nicht dauernd nachfragen. Ich vertraue den Ärzten einfach, dass sie wissen was sie tun und das Beste für Mika machen.

Nachdem wir dann wieder oben im Zimmer waren und langsam wieder in unserer neuen Normalität ankamen - merkte ich, dass ich froh war - in einem/ unserem Krankenhauszimmer zu sein. Es ist verrückt, dieses Zimmer in dem wir die nächsten Wochen verbringen und mit dem ich eigentlich alles schlimme dieser Welt verbinden müsste, gibt mir Sicherheit und fühlt sich gut an. Draußen tobt der Sturm und in unserem Zimmer ist Ruhe und Sicherheit.


Heute haben wir getauscht, Mama bleibt heute die Nacht im Krankenhaus und ich bin zu unserem Großen nach Hause gefahren und schlafe auch hier. Ich hoffe wir schaffen den Spagat zwischen- für Mika da zusein und Matsi nicht „zu vernachlässigen“.

Das ist eine dieser tückischen Sachen, man muss gleichzeitig an so vielen Fronten kämpfen und da sein und wach sein und reagieren. Decke über den Kopf ziehen geht leider nicht. Man muss für Mika da sein, man muss sich um sich selber kümmern, man muss für den Großen da sein, man muss Entscheidungen treffen, man sich um Dinge kümmern, Dinge organisieren, muss planen, muss Fragen beantworten und die Familie etc. auf dem Laufenden halten und und und…..


Eine Sache an die Aileen und ich noch nicht denken mögen- was machen wir mit unserem Hund und unserer Katze. Wir wissen noch nicht genau wie und was, das sagen uns die Ärzte noch, aber es steht fest- wenn Mika nach Hause kommt dürfen keine Haustiere da sein. Und da geht schon wieder ein Minenfeld auf- wird der große Bruder verstehen, dass sein geliebter Hund wegen dem kleinen Bruder vorübergehend ausziehen muss oder wird er es ihm vorwerfen und sauer sein und ihn deswegen“hassen“ !?


Ich wurde jetzt schon ein paar mal gefragt ob wir schon ein Spendenkonto eingerichtet haben. Ich hatte diese Gedanken noch gar nicht, obwohl ich mir natürlich schon meine Gedanken auch wie es finanziell weiter geht gemacht hatte. Ich wollte erstmal das Gespräch mit dem Sozial Dienst abwarten, die uns wohl auch über finanzielle Dinge informieren.


Ich habe jetzt aber beschlossen wirklich ein Spendenkonto für uns einzurichten- wie das klingt…. und es fühlt sich irgendwie nach betteln an.


Ich werde dies aus mehreren Gründen tun, zum einen kann ich absolut nicht abschätzen was auf uns zu kommt ( das geht beim Parkplatz los, da gibt es aber vielleicht eine Lösung- und hört ja sonst wo auf) , zum anderen kann und wird Aileen definitiv die nächste Zeit nicht arbeiten können, ich mit meiner Naivität bilde mir im Moment ein es irgendwann wieder zu können und auch zu tun- mal sehen ob das klappt.

Dann hat eine sehr gute Freundin gesagt und wenn ihr das Geld am Ende nehmt und damit einen tollen Urlaub macht wenn alles überstanden ist- auch eine schöne Vorstellung.


In meinem Kopf passiert aber gerade folgendes: ich werde dieses Spendenkonto einrichten und nach alle Kräften dafür die Werbetrommel rühren,dass da richtig Kohle rein kommt. Wir als Familie werden es dann als „Notgroschen“ haben, sollten wir es brauchen, nehmen wir es.

Wenn wir es aber nicht brauchen- werde ich alles weiter an die Kinderkrebshilfe hier in Schwerin spenden und zu sehen, dass richtig richtig viel Kohle zusammen kommt und wir damit anderen Familien, die nach uns genau das durch machen helfen können.


Ich sagte ja ich bin naiv und ein unverbesserlicher Optimist- in meiner Vorstellung kommen nicht nur ein paar tausend oder ein paar zehntausend zusammen.


Vielleicht können wir dann auch direkt Familien unterstützen, wer weiß wie es sich entwickelt und wo die Reise hin geht, aber nur wenn ich groß und positiv denke wird es was. Was haltet ihr davon? Ist aber eigentlich auch egal- in meinem Kopf ist der Plan schon und wird umgesetzt.


Ich merke, dass ich heute ziemlich durch bin- ich werde mich jetzt zu meinem großen tapferen Matsi kuscheln und auch ihm zeigen, dass ich immer für ihn da bin.


Gute Nacht für heute.


 
 
 

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
Tag 292 Montag - Tag 298 Sonntag

Fingerpieks war wieder nicht so gut. Mal sehen ob er es irgendwann noch besser hinbekommt und sich daran gewöhnt. Alles andere macht Mika...

 
 
 
Tag 285 Montag- Tag 291 Sonntag

Hinter uns liegt eine gute Woche. Mika hatte Physiotherapie in der Klinik und hat sich riesig auf seine Therapeutin- die er schon aus der...

 
 
 
Tag 278 Montag- Tag 284 Sonntag

Mikas Fingerpieks am Montag war richtig gut- er hat das wie ein Großer gemacht und es gab keine Tränen. 💪 Da die meisten Kinder in Mikas...

 
 
 

9 Comments


Julian.Mehnert
Jul 03, 2024

Dein Cousin klaubt an dich ich, ich glaube an dich toi toi toi❤️🙏

Like

anetthartmann
Jul 03, 2024

Alles alles gute für Mika und euch als Familie!! Danke für´s Teilen 💜

Like

kerstin.derstappen
Jul 01, 2024

🫶

Like

utstambke
Jul 01, 2024

Gut dass du weinen kannst… das ist wichtig…. ich hab schon bei der Abgabe von Clemi zur Mandel Op geheult… und das hier ist nicht ansatzweise vergleichbar…. 🥹

Like

Ronald Göttel
Ronald Göttel
Jul 01, 2024

Oh Mann, das ist so krass. Mir kullern auch die Tränen. Man kann nix dagegen tun. Man fühlt so sehr mit und versucht Worte des Trostes zu finden. Aber es gibt kein Wort, der den Schmerz und die Angst lindern könnte. Wir sind mit unseren Herzen und Gedanken bei euch. Seid stark und voller Zuversicht!!!! Alles wird gut!!!! Wir drücken euch!!!

Like

©2024 mikas.weg2024. Erstellt mit Wix.com

  • Instagram
bottom of page